Am 14. September 1769 wurde Alexander von Humboldt geboren, am 30. Dezember 1819 Theodor Fontane, und 1919 gründete Walter Gropius das Bauhaus. 2019 ist also ein Humboldt-Jahr, ein Fontane-Jahr und ein Bauhaus-Jahr, und über alle drei wird nun viel gesprochen und geschrieben.

In der vorletzten Woche wurde in der alltäglich von Deutschlandfunk Kultur ausgestrahlten Buchkritik eine Graphic Novel rezensiert – eigentlich für mich ein Grund wegzuschalten oder zumindest wegzuhören, denn Graphic Novels sind nicht so mein Ding. Im besprochenen Buch ging es aber um Alexander von Humboldt – oder besser gesagt, um die Humboldts – und in dem Zusammenhang auch um Schloss Tegel. Das Schlösschen steht auf meiner Liste demnächst zu besuchender Orte. Übrigens steht es dort schon seit dem Winter, aber im Winterhalbjahr ist das Schloss nicht für die Öffentlichkeit zugänglich – im Sommer auch nur an bestimmten Tagen und im Rahmen geführter Besichtigungen, da das Gebäude bewohnt ist.

Verlockt zu diesem (noch anstehenden) Ausflug hat mich Theodor Fontane, zu dessen Wanderungen durch die Mark Brandenburg auch Ausflüge in der Umgebung Berlins gehören, u.a. ein getrost Wanderung zu nennender Fußmarsch aus dem Herzen Berlins durch die Oranienburger Vorstadt und den damals noch vorstädtischen Wedding hinaus zum Dorf Tegel, wovon Fontane das Schlösschen (Besitztum der Humboldts) und den dazugehörigen Privatfriedhof beschreibt.

„Die Abenteuer des Alexander von Humboldt“ von Andrea Wulf und Lillian Melcher (Graphik) wurden im Radio sehr positiv von Eva Hepper besprochen, wobei sie auch das 2016 erschienene Buch „Alexander von Humboldt – die Erfindung der Natur“ von Andrea Wulf mit großem Lob bedachte. Und da ich mich inhaltlich gerne auf meine Exkursionen vorbereite, beschloss ich, mir beide Bücher zu verschaffen – die zuerst erschienene Biographie als Hörbuch. Und das war nun mal ein Bücherkauf den ich nicht bereuen musste – im Gegenteil. Obwohl inhaltlich die Graphic Novel dasselbe vermittelt wie das Hörbuch, entsteht dadurch doch so etwas wie eine weitere Dimension im Kopf. Ein großes Vergnügen – dabei sehr berührend. Ich bin gerade so Humboldt-begeistert, dass mein Ausflug nach Tegel zu einer Art Pilgerfahrt geraten wird. Besonders meinen Jenaer Freunden würde ich die Biographie ans Herz legen, denn ein Kapitel beschreibt sehr schön die Begegnungen zwischen Goethe und Humboldt in Jena und Weimar.

Ob man bei der Schlossbesichtigung wohl auch diese Räumlichkeiten zu sehen bekommt, und ob der ausgestopfte Guàcharo noch auf dem Ofen sitzt? – Ich fürchte nein, denn Andrea Wulf erwähnt auch, dass das Schloss während der französischen Besatzung von Napoleons Soldaten geplündert wurde.

Was nun meinen Anstifter Fontane betrifft, so habe ich mir zum Fontane-Jahr natürlich auch ein Buch zugelegt – übrigens auch eine aus dem Radio aufgeschnappte Empfehlung – ein Interview mit dem Autor Iwan-Michelangelo D´Aprile im Inforadio. „Fontane. Ein Jahrhundert in Bewegung“ – 544 Seiten durch die ich mich jetzt prügele. – Gut, ich übertreibe. Eher als geprügelt fühle ich mich wie gegen den Strich gebürstet. D´Apriles hauptsächliches Anliegen scheint mir zu sein, alle Fehler früherer Fontane-Biographen aufzuzeigen und zu berichtigen – vor allem aber die Beschönigungen in Fontanes autobiographischem „Von 20 bis 30“. Das mag ja alles für Literaturwissenschaftler sehr interessant sein, ebenso wie die zahlreichen (!) und ausführlichen (!) Quellenangaben, aber obwohl D´Aprile unser Fontane-Bild zurechtrücken will, überkommt mich beim Lesen das gleiche Gefühl wie bei Unterhaltungen mit Menschen, die mit unerwünschte Klatschgeschichten aufdrängen. Ich will das alles gar nicht wissen. Mich interessieren seine Wanderungen durch die Mark – nicht mit wem er uneheliche Kinder gezeugt und bei wem er sich Geld gepumpt hat. Andererseits hat Fontane diese „Aufklärung“ vielleicht doch verdient. Schließlich hat auch er sich darüber mokiert, dass keiner von Humboldts Biographen näher auf dessen „unkorrekte“ (und meines Wissens nie erwiesene) sexuelle Orientierung eingegangen ist.

Die Fülle der Jubiläen überwältigt mich. Der Ausstellungskatalog „Alltag formen! Bauhaus-Moderne in der DDR“, herausgegeben vom Dokumentationszentrum Alltagskultur der DDR anlässlich der 100-Jahre-Bauhaus-Ausstellung in Eisenhüttenstadt – von meinem pfiffigen Buchhändler besorgt, liegt noch ganz jungfräulich auf meinem Tisch.

Schloss Tegel zwischen 1857 und 1883