
Der Umstand, dass der 14. Oktober Europäischer Kinotag war, brachte mich in den Genuss, gestern schon einen schwedischen Spielfilm zu sehen, dessen Kinostart in Deutschland erst für den 6. Dezember vorgesehen ist. Wirklich sehr sensibel erzählt der Film die Geschichte der jungen Astrid Ericsson – von dem Moment, als Blomberg, Redakteur der Lokalzeitung, dem jungen Mädchen anbietet, als Volontärin bei ihm anzufangen, bis zu der Zeit, als sie ihre Liebe zu ihrem späteren Ehemann, Sture Lindgren, entdeckt. Dazwischen liegt eine dramatische Entwicklung.
Teils ist es die Neugier auf das Leben, teils das Mitleid mit einem Mann, der unter der Ehe mit einer halbverrückten aber boshaft intelligenten Frau leidet, die ihm die Scheidung verweigert, was Astrid dazu bringt, sich ihrem Chef hinzugeben, und der wesentlich ältere Mann, der klüger handeln sollte, nimmt diese Hingabe nicht nur an, sondern versäumt es, die gebotene Vorsicht walten zu lassen. Astrid wird schwanger. Als sie sich ihrer Mutter anvertraut, macht diese ihr unmissverständlich klar, was es für die ganze Familie bedeuten würde, wenn Astrids Zustand öffentlich bekannt wird. Die Ericssons sind Pächter von Kirchenland und gelten als moralische Stütze der Gemeinde. Astrid zieht nach Stockholm, um sich dort zur Sekretärin ausbilden zu lassen. Aber es kommt noch schlimmer. Blombergs Ehefrau, die sich nach wie vor weigert, in die Scheidung einzuwilligen, hat trotz aller Vorsichtsmaßnahmen ein Gerücht aufgeschnappt, und droht, Blomberg bei Gericht wegen Unzucht anzuzeigen. Nun ist er es, der Astrid unter Druck setzt, indem er behauptet, sie müsse das Kind im Ausland zur Welt bringen und vorerst dort lassen, um ihm eine Gefängnisstrafe zu ersparen. Über drei Jahre ziehen sich die ehelichen und juristischen Querelen hin, während Astrid erleben muss, wie ihr kleiner Sohn bald nur noch die dänische Pflegemutter als seine Mutter erkennt. Als Blomberg schließlich nur zu einer Gelstrafe verurteilt wird (seine Frau konnte einen Brief Blombergs an die Entbindungsklinik als Beweis seiner Vaterschaft vorlegen), erkennt Astrid die Halbherzigkeit und den Egoismus des älteren Mannes und lehnt seinen Heiratsantrag ab. Doch als sie ihren Sohn Lasse nach Schweden holen will, begreift sie, dass sie ihn aus der Familie, in der er über drei Jahre seines Lebens verbracht hat, nicht herausreißen sollte. Schweren Herzens reist sie allein nach Stockholm zurück und stürzt sich ganz in ihre Arbeit als Sekretärin, doch dann erhält sie die Nachricht, dass Lasses Pflegemutter schwer erkrankt ist und ihn nicht mehr versorgen kann.
Mindestens so gut wie jede Biographie Astrid Lindgrens, die ich bisher gelesen habe, wenn nicht besser, verdeutlicht dieser Film, was die Lindgren selbst immer gesagt hat, dass die Quelle ihrer Schaffens als Kinderbuchautorin ihre glückliche Kindheit (mit drei Geschwistern und strengen aber doch liebevollen Eltern) und die Empathie mit ihrem eigenen kleinen Sohn war, in den sie sich während der Trennung von ihrem Kind immer wieder hineinversetzt hatte.
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