Man hat sich in den vergangenen Jahren viel Mühe gegeben, den Karneval ins preußische Berlin zu holen, aber ein bisschen Karneval war sowieso schon immer da – jedenfalls ging schon ich als Kind mit meiner Großmutter hier zum rosenmontäglichen Karnevalsumzug, und viel mehr Karneval wird es wohl nie werden. Wer aus dem Rheinland zugezogen ist und den Karneval als Bestandteil seines Lebensgefühls betrachtet, ist sicher gut beraten, zu dieser Zeit in die alte Heimat zu reisen.
Daran, dass heute Weiberfastnacht ist, musste das Radio mich erinnern. Dabei gab es in meinem Leben sehr wohl eine Zeit, in der ich die Rheinländerinnen genau um diesen Tag beneidete. Männern die Krawatte abschneiden! Inzwischen sieht man Krawattenträger so selten auf der Straße, dass selbst in Berlin ein Krawattenträger am heutigen Tag Gefahr liefe, dass sich mehrere zugereiste Kölnerinnen und Düsseldorferinnen gleichzeitig auf ihn stürzten, und ernste Verletzungen wären nicht auszuschließen.
Mein persönliches Karnevalsvergnügen wird darin bestehen, dass ich mir am Rosenmontag einen Pfannkuchen (Berliner!) kaufen und genüsslich verzehren werde. Doch auch als Karnevalsmuffel wünsche ich allen Rheinländern vergnügliche Tage (auch in Berlin).
Da nach dem Karneval die Fastenzeit beginnt, hier noch ein Gedicht, dass zum Genuss einer Fastenspeise anregen soll. Und dabei mache ich wirklich gerne mit.
Abschiedsworte an Pellka
von Joachim Ringelnatz
Jetzt schlägt deine schlimmste Stunde,
Du Ungleichrunde,
Du Ausgekochte, du Zeitgeschälte,
Du Vielgequälte,
Du Gipfel meines Entzückens.
Jetzt kommt der Moment des Zerdrückens
Mit der Gabel! – – Sei stark!
Ich will auch Butter und Salz und Quark
Oder Kümmel, auch Leberwurst in dich stampfen.
Musst nicht so ängstlich dampfen.
Ich möchte dich doch noch einmal erfreun.
Soll ich Schnittlauch über dich streun?
Oder ist dir nach Hering zumut?
Du bist ein so rührend junges Blut. –
Deshalb schmeckst du besonders gut.
Wenn das auch egoistisch klingt,
So tröste dich damit, du wundervolle
Pellka, dass du eine Edelknolle
Warst und dass dich ein Kenner verschlingt.
Abgetippselt aus:
Joachim Ringelnatz
Ich bin so knallvergnügt erwacht. Die besten Gedichte
marixverlag, Wiesbaden 2013
ISBN: 978-3-86539-274-9
27. Februar 2014 at 11:01
Mit Leberwurst ist es aber KEINE Fastenspeise mehr… 🙂
Ich mag die Pellka auch sehr gerne – und ich hatte mal eine Schulkameradin, die tatsächlich so hieß!
28. Februar 2014 at 8:49
Das weiß ich doch, dass Leberwurst KEINE Fastenspeise ist. Ich konnte aber die Ringelnatzsche Leberwurst schlecht unterschlagen und vertraue auf die Bibelfestigkeit meiner Leser – jedenfalls derjenigen, die Fasten überhaupt in Betracht ziehen.
10. März 2014 at 20:01
Vielen Dank für die guten Wünsche. Ich habe die Tolltage gut in Berlin überstanden, zur Abwechslung war es mal gar nicht so kalt wie sonst in dieser Jahreszeit, Berlin ist ja sonst immer ein paar Grad kälter als Köln.
Mit Hering in Sahnsoße und Butter und Salz – mir läuft das Wasser im Munde zusammen.